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Im Gespräch mit Wolfgang Mayrhofer

Olympia-Medaillengewinner, Wirtschaftsprofessor, Sportfunktionär – diese Facetten verbindet unser neuer KADA Präsident Univ.Prof. Mag. Dr. Wolfgang Mayrhofer. Zum Amtsantritt sprechen wir mit ihm über seine nächsten Pläne für KADA und beleuchten lehrreiche Erkenntnisse über die Duale Karriere im Spitzensport.

Was war Ihre erste Reaktion, als eine mögliche KADA-Präsidentschaft an Sie herangetragen wurde?

Zunächst Überraschung! Durch meinen Forschungsschwerpunkt auf Karrieren liegt mir die Thematik zwar nahe, aber die konkrete Schnittstelle mit dem Spitzensport hat bisher nur punktuell eine Rolle gespielt. Danach Freude, denn es gibt nicht oft die Gelegenheit, meine verschiedenen Interessen und Lebensbereiche so schön unter einen Hut zu bringen, wie jetzt bei KADA.

Erzählen Sie uns von Ihren bisherigen Berührungspunkten mit KADA und was sie dazu bewogen hat, das Präsidentenamt zu übernehmen.

Seit meiner Rückkehr an die Wirtschaftsuniversität Wien 1997 habe ich mich sowohl akademisch als auch praktisch immer wieder mit der nachsportlichen Karriere von Spitzensportler:innen auseinandergesetzt. Daraus hat sich zunächst ein informeller Austausch mit gleichfalls interessierten Persönlichkeiten aus der Welt des Sports ergeben. Bei der Gründung von KADA 2010 durfte ich dann ein wenig ‚Begleitschutz‘ anbieten. Ich war sehr froh, dass sich diese Initiative konkretisierte und auch von der Republik unterstützt wurde. Später habe ich als Universitätslehrer gleichsam von der anderen Seite ein ganz klein wenig helfen können, Spitzensportler:innen in ihrem Studium zu unterstützen.

Ob durch Ihre eigene Sportkarriere, Ihre Rolle als Sportfunktionär oder Ihre Forschungstätigkeit – Sie haben das Thema Duale Karriere aus verschiedenen Perspektiven erlebt und beleuchtet. Welche zentralen Erkenntnisse haben sich dabei für Sie herauskristallisiert?

    • Der organisierte Sport bekommt als Teilsegment der österreichischen Gesellschaft junge Menschen in einer frühen, sehr formbaren und verletzlichen Lebensphase überantwortet. Daraus erwächst sowohl dem Sport als auch der Gesellschaft erhebliche Verantwortung.
    • Die Schaffung einer beruflichen Basis für die Zeit nach dem Spitzensport ist eine unabdingbare Voraussetzung für ein gelingendes Leben. Daher sind Maßnahmen zur Unterstützung, wie sie von Institutionen wie KADA angeboten werden, kein Luxus, Nice-to-have oder gar erste Streichkandidaten in Zeiten budgetären Mangels. Im Gegenteil: Es besteht für den organisierten Sport und die Gesellschaft eine Verpflichtung gegenüber diesen jungen Menschen, die einen Großteil ihrer Zeit und Energie dafür verwenden, im Sport erfolgreich zu sein. Gleichzeitig sind solche Maßnahmen auch eine Investition in die Zukunft, sowohl auf der persönlichen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene. Beispiele dafür sind erfolgreiche berufliche Karrieren, gelingende private Leben oder auch, recht profan, die Vermeidung persönlicher Krisen oder das Abrutschen in Arbeits- und Orientierungslosigkeit.
    • Vielfach sind sowohl Spitzensportler:innen als auch ihr – vor allem sportliches – Umfeld abwehrend gegenüber Investitionen in Bildung während der aktiven Sportzeit. Die Gründe dafür liegen häufig in der Befürchtung, dass solche Aktivitäten Zeit und Energie vom sportlichen Erfolg abziehen. Während meiner Zeit als spitzensportverantwortlicher Vize-Präsident des Österreichischen Segel-Verbands habe ich das hautnah miterlebt. Auch wenn ich die Befürchtungen verstehe: Ich sehe das diametral anders. Es erzeugt positive Effekte, wenn sich Menschen mit etwas Sinnvollem außerhalb des Sports beschäftigen. So beruhigt es z.B. enorm, wenn man weiß, dass die eigenen außersportlichen Kompetenzen nicht völlig brach liegen und man ein Rückzugsgebiet hat, in dem Großteils andere Regeln gelten als im Sport.
    • Gleichzeitig gilt aber auch: Die Kombination von Sport und Beruf bzw. beruflicher Aus- und Weiterbildung ist kein Selbstläufer und in hohem Maß fordernd. Es gibt mannigfaltige konfligierende Zielsetzungen. Daher braucht es maßgeschneiderte Unterstützung, und zwar auf hohem fachlichen und persönlichen Niveau.

KADA unterstützt Athlet:innen in allen Phasen der Sportkarriere – bis hin zum Übergang in das nachsportliche Berufsleben. Was macht Athlet:innen aus Ihrer Sicht zu einem besonderen Talentepool für den Arbeitsmarkt?

Es gibt viele Punkte, die Athlet:innen zusätzlich zu den jeweils fachlichen Kompetenzen auszeichnen, gerade in Zeiten mit viel Dynamik und Unsicherheit am Arbeitsmarkt. Sie…

    • …haben von den Persönlichkeitsmerkmalen her im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung besonders ‚gute Nerven’ (hohe emotionale Stabilität), ausgeprägtere Selbstdisziplin (hohe Gewissenhaftigkeit) und eine deutlich größere Bereitschaft zur Leistungserbringung (hohe Leistungsmotivation);
    • …haben gelernt, mittel- bis langfristig zu denken im Hinblick auf das Ernten von Früchten der eigenen Anstrengung – niemand ist ‚über Nacht‘ an der Spitze, sondern dahinter stehen lange Jahre der Formung auf unterschiedlichen Ebenen;
    • …weisen eine hohe Resilienz auf, d.h. sie können auch mit widrigen Umständen und Rückschlägen gut umgehen;
    • …wissen, dass Erfolg ganz wesentlich, wenngleich nicht ausschließlich, von eigenen Anstrengungen abhängt und es einen erkennbaren Zusammenhang gibt zwischen eigener Anstrengung und Ergebnis;
    • …können im Spannungsfeld von Kooperation und Konkurrenz gut navigieren.

Wie stellen Sie sich die Weiterentwicklung von KADA in den nächsten Jahren vor?

Gemeinsam mit den übrigen Präsidiumsmitgliedern und den hauptamtlichen Beschäftigten, die schon bisher sehr gute Arbeit geleistet haben, möchte ich überlegen, wo wir in den nächsten drei Jahren den Hebel ansetzen können, um Spitzensportler:innen noch besser zu unterstützen. Auf den ersten Blick könnte das vor allem in drei Bereichen erfolgen:

    • Noch bessere Verankerung der Notwendigkeit der dualen Ausbildung im Bewusstsein der Athlet:innen und des organisierten Sports
    • Weitere Steigerung der Qualität der von KADA angebotenen Leistungen, insbesondere durch Optimierung des Leistungsportfolios und der internen Abläufe
    • Stärkung der partnerschaftlichen Beziehungen mit den Geldgebern aus dem öffentlichen Bereich, also BMKÖS und AMS, und den Sponsoren aus der Privatwirtschaft

Welche Herausforderungen erwarten Sie?

Ich sehe drei Dinge: Ein durchaus kompetitives Umfeld in Teilen des Arbeitsmarkts, ein vermutlich in den nächsten Jahren nicht allzu üppig dotierter Bundeshaushalt und die üblichen Beharrungskräfte, wenn es um erforderliche Veränderungen geht. Aber ich bin guten Mutes, dass das KADA Team damit gut umgehen wird.

Welche Botschaft würden Sie Athlet:innen mitgeben, die sich gerade mit Ihren Bildungs- & Berufsmöglichkeiten auseinandersetzen?

Eine gute berufliche Ausbildung ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, denn die Zeit nach dem Spitzensport kommt unausweichlich. Jetzt vorgenommene Investitionen in Bildung sind unabdingbar und lohnen sich sowohl während der aktiven Sportkarriere als auch später. Frei nach der Friedrich Dürrenmatt’schen Formulierung „je planmäßiger Menschen vorgehen, desto wirksamer trifft sie der Zufall“: Beruflicher Erfolg ist kein Zufall, sondern auch Ergebnis eigener Planung und Bemühungen.

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